Die Objekte von Nestor - Rumänischer Surrealismus zwischen Dada und Dali

Zwischen Dada und Dali - der rumänische Kunsthandwerker Alexandru Nestor schafft surrealistische Objekte, die auf den ersten Blick Kunstmöbeln und Alltagsgegenständen aus Tausend und Einer Nacht ähneln. Schreiner, Klempner, Schmied, Uhrmacher und Schuster in einem, schafft der Künstler seine Werke in erster Linie aus hölzernen Kisten, Schrankelementen und Gehäusen, die er als Grundstruktur seinen phantastischen CD Schränke, Uhren, Kommoden, Barometer oder Hydrometer unterlegt. Garniert mit Muscheln, Felssplittern, edle Steinen und Reagenzgläsern, Federn, Metallbeschlägen und Uhrwerken, alten Landkarten und Münzen schafft er so eine zeitlose Mystik der Moderne. Seine Werke setzen sich zu physisch-metaphysischen Sinnkombinantionen zusammen, die auf eine Tradition von Dada und Dali anspielen, sich jedoch letztlich in ihrer Dynamik aus ursprünglicher Schaffenskraft, Spieltrieb und spaßhafter Kreativität speisen, die unmittelbar emotional und intellektuell anspricht.

Der rumänische Künstler Alexandru Nestor schafft mit konkreten, handgreiflichen Kunstmöbeln und vermeintlichen Alltagsgegenständen Illusionen, die wir auf den ersten Blick durch ihre eindringliche Oberflächenästhetik widerstandslos aufnehmen. Auf den zweiten Blick jedoch erzeugen seine Kunstgegenstände - Möbelstücke, Uhren, Thermometer, Hydrometer und vieles mehr - aber überraschte Perplexität. Denn nur im ersten Augenblick fügen sich seine aus dem Alltag bekannten Objektelemente zu einer vordergründig harmonischen Raumkomposition zusammen. Danach folgt Erstaunen, das sich aus einer fremdweltlichen, physischen Architektur sowie der durch sie durchscheinenden, ebenso bizarren Sinngebung ergibt. Die surrealistischen Objekte Alexandru Nestors zwinkern uns nicht ohne neodadaistische Anspielung zu. Sie machen die Suche des Betrachters nach Sinngebung zu einem amüsanten Spiel mit Optionen.

Nestor fügt verschiedene heterogene Elemente zu ästhetischen und überraschenden Ensembles zusammen und gebärdet sich dabei als Kuriositätensammler, dessen Studio wie die geheimnisvolle Küche eines Druiden mit wissenschaftlichen Neigungen anmutet: Muscheln, Felssplitter und edle Steine, unterschiedlichste Flaschen und Reagenzgläser, alte Landkarten, Bücher, Münzen, Uhrwerke, Federn und Metallbeschläge jeglicher Art stapeln sich lose zusammengewürfelt und übereinandergeschachtelt in allen Ecken seines Ateliers. Aus diesem Wust wie nach einem geheimem Plan zusammengetragenen Partikeln wählt der Künstler die Komponenten für seine unorthodoxen Kompositionen aus. Dabei hilft ihm ein unerschöpflicher Appetit auf Spielerisches, der Nestor antreibt, sich als Träumer und Meister der Illusionen eine eigene Welt zu erschaffen, in der die Errungenschaften von Flohmärkten, Schrottplätzen und Gerümpelkammern ihre eigen zeitlose Mystik zwischen Moderne und Tradition schaffen.

Der rumänische Kunsthandwerker hat seiner berufliche Karriere als Juniorprofessor an der Nationalen Kunstakademie Rumäniens begonnen, bevor er sich endgültig der freien Kunst zuwandte. Ganz in seinem Element findet er sich dann zwischen Hunderten von ausrangierten Uhrwerken, Thermometern, Barometern sowie anderen Meßinstrumenten wieder. Aber seine Begeisterung für ausgediente und moderne Technik geht weiter: Sämtliche Objekte die oftmals als in Materie geronnene Reflektionen wissenschaftlichen Innovationsgeistes gelten können, hat er systematisch zusammengesucht. Seine Werke finden sich zu physisch-metaphysischen Sinnkombinantionen zusammen, die auf eine Tradition von Dada und Dali anspielen. Letztlich beziehen sie jedoch ihre Dynamik aus ursprünglicher Schaffenskraft, Spieltrieb und spaßhafter Kreativität, die viele Ausstellungsbesucher unmittelbar emotional und intellektuell anspricht.

Schreiner, Klempner, Schmied, Uhrmacher und Schuster zur gleichen Zeit, schafft Nestor seine Werke in erster Linie aus hölzernen Kisten, Schrankelementen und Gehäusen, die er als Grundstruktur seinen phantastischen Projekten unterlegt. Metallene Beschläge, Messinstrumente jeglicher Form, notenbestückte Balletschuhe als Schrankfüsse, funktionale Schubladen zur Ablage von Nutzgegenständen wie metaphysischen Ideen, oder einfach nur Träumen, Tränen oder Gefühlen verwandeln seine Objekte zur liebevollen, physisch geronnenen Reaktion auf unser von Funktionalitäten oft bis ins Absurde überbordenden Alltagsleben.

In der Tat: In den von ihm konstruierten Schubladen, Fächern und geheimen Zwischenräumen verbergen sich sowohl metapyhsische wie physische Depots in erfrischend unerwarteten Kombinationen. Jedes Objekt hat eine Geschichte, die sich gemäß der Launen des Künstlers im Verlaufe eines Gespräches dynamisch fortentwickeln, oder gar eine neue überraschende Wendung nehmen kann. Nestors nahezu dialektisches Verständnis von Humor am Objekt ist es denn auch geschuldet, dass er insbesondere dann voll in seinem Element ist, wenn der Kunstliebhaber an dem konkreten Schaffensprozess aktiv teilnimmt und seine eigenen Ideen, Wünsche oder Gefühle in die Kreation einer neuen Objektwelt einbringt.

In den vergangenen Jahren widmet sich Nestor zunehmend in seiner künstlerischen Schaffenskraft einer modernen, kunsthandwerklichen Reinkarnation der Helden des Ringes der Nibelungen von Richard Wagner. der modern. Seine Ambition ist hier, die Wagnerianischen Heldenfiguren in materiell und sensitiv erlebbare Kunsterfahrungen zu transformieren, ganz und gar in der wagnerianischen Tradition, durch das Zusammentragen kultureller Geschichtsspuren genuin Neues zu schaffen.

Sönke Schmidt
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